Böckser “Der kleine Stinker” – Behandlung

Den richtigen Zeitpunkt für die Behandlung von fehlerhaften Weinen zu finden ist sehr schwierig, da das Aroma eines Böcksers auf das Zusammenspiel einer Vielzahl flüchtiger, schwefelhaltiger Verbindungen zurückzuführen ist. Die unterschiedliche Konzentration und Geruchsschwellenwerte einzelner Substanzen machen es unmöglich die Böckserart eindeutig zu bestimmen. Behandelbarere Böckser sind der Schwefelwasserstoff- sowie der Mercaptanböckser. Wobei Mercaptanböckser nur im geringem Maße durch eine Schönung reduzierbar sind. Als  Folgereaktion können Mercaptane zu Disulfiden oxidiert werden, welche auf eine Behandlung mit Kupferionen nicht reagieren. Aus dem zeitlichen Entstehungsablauf von schwefelhaltigen Verbindungen kann man den optimalen Behandlungszeitpunkt festlegen. Ein spätes Eingreifen liefert oft nicht das gewünschte Ergebnis, weil die störenden Stoffe durch Folgereaktionen in nicht mehr zu entfernende Stoffe umgewandelt wurden.

Behandlungsmöglichkeiten

Die Behandlungsmöglichkeiten sind zahlreich und erfordern etwas Erfahrung, um die unterschiedlichen Böckserarten zu erkennen und dann fachgerecht zu beseitigen.

Lüften des Jungweines

Schon lange bekannt ist, dass Weine durch einen Abstich mit Luft von einem leichten Böckser befreit werden können. Dieses Verfahren beruht darauf, dass H2S vom Luftsauerstoff zu elementarem Schwefel und Wasser oxidiert werden kann. Leider hat sich der Sauerstoffeintrag auf die spätere Weinqualität als eher nachteilig erwiesen.

2H2S + O2 → 2S + 2H2O

Schwefeln des Jungweines

In manchen Fällen kann ein Böckser im Jungwein bereits durch das Schwefeln behoben werden. Hierbei wird das H2S vom SO2 oxidiert. Dabeibei entsteht elementarer Schwefel und Wasser (Gössinger 1997)

2H2S + SO2 → 2H2O + 3S

Bleibt der Böckser durch Lüften oder durch das Schwefeln des Jungweines dennoch bestehen, muss einer der folgenden Behandlungsschritte durchgeführt werden

CuSO4 – Zugabe

Durch die Zulassung von Kupfersulfat für die Weinbereitung, gibt es die Möglichkeit eine effektive und gezielte Behandlung von Böcksern durchzuführen. Das Wirkungsprinzip sieht wie folgt aus: Schwefelwasserstoff reagiert mit Cu2+ – Ionen zu schwerlöslichen Kupfersulfiden, die durch das Überschreiten des Löslichkeitsproduktes ausfallen. In manchen Fällen muss nach der Zugabe von CuSO4 im Überschuss eine Nachbehandlung mit Kaliumhexacyanoferrat durchgeführt werden. Als wichtigster Zwischenschritt muss zwischen Kupferschönung und folgender Blauschönung eine scharfe Filtration erfolgen. Ein Verzicht hierauf liefert eines der Hauptprobleme für die Rückbildung von Böcksern. Ein Verzicht auf die Blauschönung wird undenkbar, wenn die gesetzliche Höchstmenge an Kupfersulfat (CuSO4 u 2 H2O)  von maximal 10 mg/l überschritten wird Da Kupfersulfat nur zu 25 % aus reinem Kupfer (Cu+) besteht, entspricht dies einem Gehalt von 2,5 mg/l Cu+ im Wein. Der Kupfergehalt wiederum unterliegt einem Grenzwert von 1,0 mg/l Cu+, aber bereits Mengen ab ungefähr 0,5 mg/l Cu+ können eine Kupfertrübung hervorrufen. Dieser Wert kann als Stabilitätsgrenze angesehen werden. Diese wird bei Anwesenheit von Ascorbinsäure auf ca. 0,3 mg/l Cu+ heruntergesetzt.

Die realen Größenordnungen der benötigten Kupfermenge werden oft verkannt, denn  über 95 % der Böckser können mit 0,1 bis 0,2 g/hl Kupfersulfat beseitigt oder verhindert werden!

Böcksertest:
100 mg Kupfersulfat werden in 1 l destilliertem Wasser gelöst. Von dieser haltbaren Lösung entspricht:
1 ml/100 ml Wein (Probierglas) = 0,1 g/hl Kupfersulfat = 0,25 mg/l Kupfer (als Cu+). Steigende Reihe mit 0,10; 0,15; 0,20; 0,30 … g/hl Kupfersulfat; sensorische Bewertung nach 3 bis 5 Minuten bei Raumtemperatur. (Schneider  2008)

(S2- )+ (Cu2+) → CuS(s)

AgCl – Zugabe

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass viele Böckser nicht mit Kupfersulfat reagierten. Oft können hartnäckige Böckser  nur durch eine Kombination von Kupfersulfat und Silberchlorid. entfernt werden. Wie beim Kupfer reagieren die Silber- Kationen mit Schwefelwasserstoff zu schwerlöslichen Sulfiden, die aus der Lösung ausfallen. In der Praxis ist eine Verwendung von Silberchlorid aus Kostengründen uninteressant.

Nachdem es in Österreich für die Behandlung von Wein zugelassen wurde, ist es seit 2001 wieder verboten. (M. Gössinger 2001)

(2Ag+) + (S2-) → (Ag) 2 S

Kupfercitrat-Zugabe

Eine Alternative zur Behandlung des Böcksers ergibt sich durch das, nun auch in Deutschland zugelassene Kupfercitrat. Da für eine wirksame Böckserbeseitigung mit den herkömmlichen Mitteln ein Überschuß von Kupfer- bzw. Silberionen erforderlich ist, muß nachfolgend meist eine Behandlung mit Kaliumhexacyanoferrat (II) erfolgen, um die Kupfer- bzw. Silbergehalte auf das geforderte Maß abzusenken. Der große Vorteil bei einer Behandlung mit Kupfercitrat, ist das im Wein kein Rest-Kupfer verbleibt, so das eine Entfernung entfällt. Da das Kupfer(II)-sulfid ausfällt, bleibt nur freie Zitronensäure zurück, welche ja ein natürlicher Weininhaltsstoff ist.

Um eine optimale Verteilung im Wein zu erreichen, wird das Kupfercitrat auf eine Trägersubstanz  aufgetragen. Als Trägermaterial kann hochgereinigter Bentonit fungierten. ( Eschnauer und Scholl 1995, Görtges 2001 )

C12H10Cu3O14   + 2 H2S   → 3CuS   + 2 C6H8O7

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